Hilft es, Musik zu studieren?

NotenWie viele Musiker in den aktuellen Top 10 der deutschen Charts haben Musik studiert? Wahrscheinlich wenige bis gar keine. Die Erfolgreichsten in diesem Geschäft, die ich bisher getroffen habe, haben alle nicht studiert. Und unter diesen Musikern waren welche dabei, die ihr Instrument besser beherrschten als jeder Musikstudent, den ich kenne. Kurz gesagt: Das Musikstudium und der Erfolg im Musikbusiness haben überhaupt nichts miteinander zu tun.

Nicht falsch verstehen: Ein Musikstudium ist nicht schlecht. Ich habe selbst eine Zeit lang Musik studiert. Wer sich für Musiktheorie und Musikgeschichte interessiert, sollte es auf jeden Fall in Erwägung ziehen. Und für klassische Musik ist es eine Voraussetzung. Aber in der kommerziellen Musikindustrie spielen andere Fähigkeiten eine Rolle: Netzwerke aufbauen, Verlässlichkeit, Erreichbarkeit, Verhandlungsgeschick, ein guter Ruf etc. „It’s a people’s business.“ Sein Instrument zu beherrschen reicht nicht aus. Einige meiner Musikerfreunde sind unglaublich gut auf ihrem Instrument und leben dennoch seit Jahren von Hartz IV.

Die erfolgreichsten Instrumentalisten, die ich kenne, haben ein riesiges Adressbuch und hängen permanent am Telefon. Sie reisen durch Deutschland, um ein Bier mit einem wichtigen Kontakt zu trinken. Sie rufen sofort zurück, wenn sie mal nicht rangehen konnten. Sie haben einen immerzu aktuellen Kalender mit allen Terminen, gebucht oder angefragt. Sie sind umgänglich, haben Humor, sind aber trotzdem auch bodenständig. Sie treiben sich auf den gängigen Treffen der Branche herum. Sie spielen sich nicht auf, sondern können auch „bedienen“.

Das alles ist nicht Teil des Lehrprogramms der Musikhochschule.

12 Gedanken zu “Hilft es, Musik zu studieren?

  1. DANKE für den Artikel :-)! Sehe ich auch so. Ich denke um sein Instrument zu beherrschen zu können, kann man auch andere Wege gehen. Man muss denke ich persönlich wissen was man möchte. War auch lange Zeit an zwei Jazz Schulen hier in der Schweiz.

    Heute leben ich zum einem grossen Teil von der Musik. Ich habe viel investiert, und investiere immer noch viel. Aber es ist so, rein nur ein guter Musiker zu sein, welcher sein Instrument perfekt beherrscht, reicht nicht aus. Da steckt viel mehr dahinter. Das ganze Business ist heftig und gerade das wird oftmals an den Musikhochschulen nicht vermittelt.

  2. Auch von mir: Danke für den Artikel. Ich sehe das ganz genauso wie du. Man muss nicht Musik studiert haben um Erfolg im Musikbusiness zu haben. Ich habe selbst klassisches Schlagwerk an der Musikhochschule studiert und kann nur bestätigen: Die Musikhochschule bereitet einen auf das Musikbusiness in keinster Weise vor. Um allerdings zusätzliche (geregelte) Einkünfte als Musiklehrer an Schulen oder Musikschullehrer zu haben ist es schon empfehlenswert. Man kann sich so seinen Job einteilen in Einkünfte aus künstlerischer Tätigkeit und pädagogischer Tätigkeit. Damit fahre ich im Moment ganz gut.

  3. Zunächst vielen herzlichen Dank für die ganze Page hier. Ich lese sehr gerne hier und mir wird mal wieder wirklich klar, wie verlogen das Business wirklich ist. Du sprichst mir aus der Seele Kollege. Kann Dir auch nur zustimmen. Man muss nicht umbedingt Musik studiert zu haben um Musik machen zu können und Erfolgreich zu sein. Ich hatte auch schon meine Hypes gehabt. Von Album & Remix Releases bis Live Autritten in Mexico und nen chart entry in den ODC’s erlebt, und ich bin kein studierter. Viel mehr kommt es darauf an ein Freak zu sein und die Mechanismen der Musikindustrie zu durchleuchten, den eigenen weg selbst bestimmen und sich vor allem nicht verarschen zu lassen. Hier ein Tip an andere die mal ins Music Biz wollen. Vertraut niemandem in diesem Biz. Lasst Euch nix erzählen von Hochstaplern und Möchtegern Pimps. Die spielen nur mit Euren Träumen und Visionen, damit sie auch was vom Kuchen abbekommen den Ihr gebacken habt. Baut Euch ein Team auf mit den leuten den Ihr vertraut.

  4. Dieser Artikel hat sehr viele Fragen bei mir offen gelassen. Zwar bereitet dich die Musikhochschule für das „peoples business“ nicht vor und ich bin auch damit einverstanden aber das Wissen um Musik komponieren zu können muss man doch irgendwoher bekommen. Man kann vielleicht ein instrument perfekt beherrschen ohne in die musikhoschule gegangen zu sein, aber ich kann mir nicht vorstellen woher man das restliche wissen (harmonielehre, kontrapunkt, etc etc )nimmt um ein lied komponieren zu können. eine musikhochschule muss dir ja so einiges zeigen können und mit wissen wird man ja nicht geboren. es gibt ja diese studiengänge rock pop musik an mehreren hochschulen oder diese begehrte schule in mannheim in der bis jetzt noch keine so richtige erfolgsgeschichte vorhanden ist. meine frage ist was ist der lernweg dieser erfolgreichen musiker gewesen, wenn sie nicht studiert haben. haben sie die schule abgebrochen und haben eine ausbildung gemacht oder woher haben sie das wissen genommen um gute lieder machen zu können? ein lied zu machen , ich meine ein richtig gutes lied, ist ja nicht gerade einfach. außer das nötige lernwissen braucht es doch an sehr vielen jahren übung. dann würde mir auch noch eine andere frage einfallen. wie viele jahre brauchten die musiker ungefähr um anständige songs machen zu können die ihnen gefallen haben , oder ist das verschieden je nach person. neugierig

    • Die Musikhochschulen sind nicht die einzigen, die einem musikalisches Wissen vermitteln können. Die Dozenten sind nur ein kleiner Teil derer, die das lehren. Der große Teil macht das außerhalb der Uni, in privaten Unterrichtsstunden oder an kleinen Musikschulen. Einige der besten Musiker, die ich kenne, die sich deutschlandweit einen Namen machen konnten, haben alles im Privatunterricht gelernt. Ich hatte Harmonielehre auch an der Uni, konnte das meiste aber schon zu dem Zeitpunkt. Außerdem glaube ich, dass in Zukunft sich viele über Youtube-Videos, Bücher und Blogs weiterbilden werden.

      Die Frage ist eher, ob man das überhaupt braucht, um einen Hit zu schreiben. Du sprichst von „guten Liedern“, was auch immer das bedeutet. Aber die kommerziell erfolgreichen Stücke unserer Zeit sind häufig nicht so anspruchsvoll, als dass man eine solide Harmonielehre-Ausbildung gebraucht hätte, um sie zu komponieren.

      Wie lange man braucht, um vorzeigefähige Songs zu schreiben, ist natürlich sehr unterschiedlich. Kommt darauf an, wie viel musikalische Erfahrung und Talent man mitbringt. Und selbst wenn man das alles hat und jahrelang durchmacht, heißt das immer noch nicht, dass deine Songs gut sind. Wenn das so wäre, dann wäre es ja nur eine Frage der Zeit, bis jeder Musiker irgendwann einen Hit geschrieben hat.

  5. Danke für diese Seite! Sehr interessant!

    Ich habe Musik (Konzertfach Klavier und Musikwissenschaft) studiert und bereue es sozusagen nicht, denn die akademische Bildung hat für mich persönlich einfach einen Stellenwert, der jetzt doch nicht so einfach zu ersetzen wäre.

    Aber: Tatsache ist, was man an der Musikhochschule nicht lernt ist GELDVERDIENEN. Ganz egal ob als klassischer oder populärer Musiker.
    Sie definieren sich als „Kunsthochschule“, nicht als Wirtschaftsfakultät.
    Man kommt da ziemlich gedrillt raus und steht dann etwas ratlos da, muss ziemlich kleine Brötchen backen mit Kinderunterricht und Musik auf Geburtstagsfeiern usw. Das hat mit dem, was man im Studium gelernt hat, meist nicht so ganz viel zu tun.

    Allerdings was ich heutzutage für sehr problematisch halte ist, dass genau dadurch ein blühender Sekundärmarkt von Seminar- und Coachinganbietern entstanden ist. Dort tummeln sich viele Anbieter, die nun die Musiker zum Musikbusiness und zur Selbstvermarktung bekehren wollen und damit sicher ihrerseits sehr gute Geschäfte machen.

    Bestimmt gibt es Musiker, die auch kaufmännisch begabt sind, aber sicher sind das bei Weitem nicht alle. – ich selber gehöre leider auch nicht dazu – Das kann dann ziemlich zur Psychofalle werden! Man ist ja in Bedrängnis Geld verdienen zu müssen, kommt aber mit den kaufmännischen Sachen und Marketing nicht so ganz gut klar, aber die Berater bearbeiten einen ganz schön, dass man das alles lernen kann, wenn man nur mehr Beratungsstunden und weitere Kurse besucht – kostet alles Geld aber irgendwann, wenn man es dann doch nicht so richtig hinkriegt und der erhoffte Erfolg ausbleibt, folgt das Burnout und man muss sich mit seiner Persönlichkeit, seinen Begabungen und Möglichkeiten erst mal wieder neu zurechtfinden. Geld ist davon aber auch keins verdient, nur umso mehr ausgegeben.
    Dafür ist dann aber kein Berater mehr verantwortlich.
    Nur um bei professionellen Agenturen, die einem marketingtechnisch zur Seite stehen, landen zu können, muss man eh schon sowas wie Michael Jackson sein, sonst nehmen sie einen erst gar nicht.
    Das ist eine mehr als bedauerliche Situation.

    Um nun aber wieder zum Thema zurückzukehren: Zum Geldverdienen Musik zu studieren kann helfen, muss aber nicht. Die Musikbranche hat so viele Möglichkeiten, dass man das gar nicht pauschal beantworten kann.
    Für Popmusik sind relativ einfache und eingängige Harmonieverläufe üblich, die man bestimmt ohne Musikstudium hinkriegt, bei Kunstmusik schauts halt anders aus.
    Bei akademisch ausgebildeten Musikern fehlt andererseits oft das Musikantische, so dass dann manchmal alles zu akademisch und publikumsfern bleibt.
    Jeder muss einfach seinen Wirkungsbereich selber finden.
    Fast wie im richtigen Leben…

    Und was den HIT angeht, das ist eh alles abhängig von DEM „magic moment“.

    Anton Karas war Werkzeugschlosser und hat außer seinem dritten Mann nie mehr einen Hit komponiert.
    Mozart hat gesagt: es ist alles schon komponiert, man muss es nur aufschreiben…also…ran ans Papier!

    Andererseits, auch wenn man einen fantastischen Hit komponiert hat, heißt das noch lange nicht, dass man ihn auch verkauft kriegt..

    ich wünsche allen jedenfalls viele tolle Hits und vor allem auch welche, die verkauft werden! Ganz egal ob mit oder ohne Musikstudium.

  6. interessante Beiträge ! Studieren ist ja ansich nicht schlecht – nur birgt es die Gefahr zu schematisch das Gelernte Wissen anzubringen. Und Kompositionen studierter Musiker klingen eben oft (nicht immer) wie aus dem Lehrbuch.

    Echte Hits kommen aus der tiefsten Seele eines Musikers. Man braucht Gefühl und muss etwas zu sagen haben. Und eben das lässt sich meines Erachtens nicht studieren – im Gegenteil ! Musiker zu sein, ist eine „Berufung“ , eine magische, fast göttliche Auswahl bestimmter Menschen mit Ihrer Musik etwas zu bewirken.

    Als Beispiel mal aus dem Rock/Pop Bereich:

    Die Beatles (Lennon, McCartney),die Stones (Jagger, Richards ), Prince, Simply Red (Hucknall), Doors (Morrison), Clapton, Bob Marley, M.Jackson
    haben alle etwas gemeinsam. Sie sind charismatisch und haben alle in der Tat in der Zeit in der Sie Ihre Hits komponierten (oder komponieren liessen wie bei Jackson), den Nagel auf den Kopf getroffen. Sie haben etwas „zu sagen“. Sie fallen auf – sei es durch Drogen , Exzesse oder äußerliche Extreme. Und Sie beherrschen Ihre Instrumente/Stimmen. Und die meisten Hits dieser besagten Supermusiker haben oftmals nicht mehr als 4 Akkorde.

    Ich kenne studierte Musiker, die erfolgreiche „Hits“ produziert haben, aber bei weitem mehr Musiker, die nicht studiert haben – ja nicht einmal Noten beherrschen ! Allen gemein ist aber nicht ihr Fachwissen im theoretischen Sinne, sondern die Extravaganz in Ihrer Person. James Last, Miles Davis oder Larry Carlton (alles Jazzer) sind studiert und hatten Erfolg. Prince, die Beatles, die Stones, BB King und Clapton z.B. haben nicht studiert und trotzdem riesen Erfolge. Daran kann es also nicht liegen.

    Ein studierter Musiker (Jazzer) mit Erfolg und einem echten Hit hat mir einmal gesagt, dass er jahrelang mit seinen Kompositionen keinen Erfolg hatte.
    Erst als seine Songs einfacher wurden, hat er einen riesen Hit komponiert. Das Geheimnis war also die Einfachheit kombiniert mit einem fast zeitlosen Text, der aber trotzdem den Zeitgeist traf. Und er sagte mir, dass er trotz seines „theoretischen Wissens“ nicht voraussagen könne, ob ein Song ein Hit wird. Mal eben einen Hit zu komponieren ist so gut wie nicht möglich. Es sind zuviele Komponenten, die sich hier beeinflussen.

    Erfolg durch Studium gibt es also nicht ! Wenn man an der Theorie allerdings Spass hat und z.B.Musiklehrer werden möchte,spricht ja nichts dagegen. Auch das kann ja erfolgreich sein ! Aber studieren ,um einen Hit zu komponieren ist ein chancenloses Unterfangen, zu dem ich keinem Raten mag.

    In diesem Sinne: Allen Lesern ud Musikern weiterhin Spaß am Songs komponieren 😉

  7. Sehr schöner artikel, allerdings muss man das musikstudium verteidigen. es glauben doch viele, ein musikstudium sei unwichtig. das ist es wahrscheinlich auch, wenn man die nächsten 50 jahre weiterhin I – V – VI – IV akkordverbindungen schreiben möchte.
    Wer sich allerdings für ein musikstudium entscheidet, weiß dies meist schon sehr früh und hat eben Interesse nicht unbedingt berühmt zu werden, sondern tiefer in die musikalische Materie einzudringen. Ich selbst habe jazzklavier studiert, hatte einen ausgezeichneten Lehrer, riesigen Spaß und lebe seit meinem Abschluss von der Musik. Die meisten denken, ah der hat ja auch nicht studiert und ist berühmt geworden, so ein Glück, dann muss ich das auch nicht. Notenlesen Fehlanzeige, Formenlehre- keine Ahnung. Und im Zeitalter der Computer und sample libraries, die sich jeder bedienen kann, glaubt auch der letzte dödel, er müsse Musik machen, es auf internet platformen vermarkten- am besten berühmt werden. Betrachtet man den Verlauf der Musik der letzten 50 Jahre, dann drückt es einem doch spätestens jetzt die Tränen in die Augen. Nicht falsch verstehen, es gibt auch auf den Hochschulen Studenten, bei denen man sich fragt, wie sie hier gelandet sind, doch kann man mit Gewissheit sagen, wer studiert hat, hat zumindest das fundamentale wissen um beurteilen zu können. Lg Harry

  8. Sehr sehr coole Seite! Wollte dann auch mal meinen Dampf zu dem Thema ablassen, also ganz persönlich meine Meinung!
    Ich finde es ist nicht wichtig Musik zu studieren, es kann aber durchaus helfen! Es ist natürlich auch immer die Frage, in welche Richtung man sich bewegen möchte. Um selbst Musik zu machen finde ich es eher nicht essentiell! Musik liegt einem im Blut oder eben nicht. Will man hingegen Lehrer werden, warum nicht?
    Letzten Endes liegt Musik aber auch immer im „Auge des Betrachters“. Für manche hören sich unharmonische Töne harmonischer an als harmonische bzw. wohlklingender. Der Ton macht eben die Musik, es ist aber Geschmäcker sind verschieden.
    Um die Karriere eines Musikers voranzutreiben fände ich Studienrichtungen wie Marketing oder BWL viel interessanter, denn das hat was mit Business zu tun. Die Musik ist der Schlüssel der dazu die Türen öffnet und das Fundament, um groß zu werden muss man allerdings anfangen zu bauen, dafür sind BWL / Marketing gute Werkzeuge.
    Danke für die wirklich interessante Seite.

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